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Wie Wirkungsmaximierung Sozialunternehmen auf Abwege führen kann

VHB expert Ignas Bruder über die Tücken der Maximierungslogik

In Anbetracht zunehmender sozialer und ökologischer Problemlagen gründen sich vermehrt Unternehmen, deren Mission es ist, eine positive gesellschaftliche Wirkung zu erzielen oder diese gar zu maximieren. VHB expert Ignas Bruder, Postdoktorand an der FU Berlin und an der Hertie School Berlin mit Forschungsschwerpunkten zu Social Entrepreneurship und Wirtschaftsethik, erläutert die Tücken der Maximierungslogik.

Die Idee sozialen Unternehmertums und der Ballast der Maximierungslogik

Soziales Unternehmertum oder Social Entrepreneurship bedeutet, dass mit unternehmerischen Mitteln soziale Probleme angegangen werden. Mit innovativen Ansätzen soll eine positive Wirkung (Social Impact) erzielt werden. Der Anspruch ist dabei meist, nicht bloß „Pflaster“ auf die schlimmsten sozialen oder ökologischen „Wunden“ zu kleben, sondern systematisch zu einer Verbesserung beizutragen. In Abgrenzung zum gewöhnlichen Unternehmertum wird in Sozialunternehmen häufig der Leitgedanke der Wirkungsmaximierung bemüht. Dieser Leitgedanke ist jedoch nicht zielführend, was an der Maximierungslogik liegt.

Ist Maximierung eine Sozialunternehmen angemessene Orientierung? Die ethische Problematik der Maximierung und ihre Auswirkungen im Sozialunternehmertum

Die Maximierung ist der radikalstmögliche Umgang mit einem Organisationsziel. Bezogen auf Gewinn bedeutet Maximierung, dass keine sozialen oder ökologischen Aspekte von der Unternehmensführung berücksichtigt werden dürfen, die nicht zum Gewinn beitragen oder diesen bedrohen. Durch unternehmerisches Handeln, das diesen Leitgedanken in die Praxis umsetzt, werden die sozialen und ökologischen Problemlagen verschärft, die Sozialunternehmen zu verbessern versuchen. Bedienen sich nun Sozialunternehmen derselben Maximierungslogik und münzen diese bloß auf Wirkung um, ist systematisch nicht viel erreicht. Schließlich lässt sich als Wirkung nur das maximieren, was sich auch quantifizieren, das heißt messen und in Zahlen ausdrücken lässt. Quantifizierbarkeit aber sollte nicht darüber entscheiden, welchen sozialen oder ökologischen Ansprüchen Sozialunternehmen nachkommen und welchen nicht.

Was es braucht: Weniger Radikalität im Wirtschaften

Ein gemäßigter Leitgedanke des Wirtschaftens, der Raum für Maß und Besonnenheit zulässt ist z.B. das Streben nach unternehmerischem Erfolg nach Maßgabe ethischer Vernunft. Dies impliziert, dass die erzielten Gewinne nicht maximal ausfallen, weil etwa auf mögliche Gewinnerhöhungen durch den Einsatz von Kinderarbeit oder die Übernutzung natürlicher Ressourcen verzichtet wird. Für Sozialunternehmertum sollte entsprechend an die Stelle einer Wirkungsmaximierung ein reflexives Wirkungsmonitoring treten. Dieses soll sicherstellen, dass man die erhoffte Wirkung auch tatsächlich entwickelt. Es soll zudem gewährleisten, dass man beim Streben nach Wirkung auch legitime Ansprüche berücksichtigt, die sich nicht messen und quantifizieren lassen. Ansonsten läuft Sozialunternehmertum Gefahr, mit der einen Hand einzureißen, was es mit der anderen erbaut hat.

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Foto: Mike Setchell auf Unsplash.com